Mittwoch, 27. März 2013

Programmbeschwerde: Brief an Lutz Marmor zur NDR-Sendung ZAPP vom 28.03.2012. Über „verleumdete Journalisten“, Markus Grill und Frontal21-Autor Jobst Spengemann.

Ich habe Ihnen hier kürzlich einen NDR-Beitrag vorgestellt (1), den ich als Musterbeispiel für Medienmanipulation bewerte. Es geht um einen Film von Maik Gizinski, der sich mit „verleumdeten Journalisten“ beschäftigt und meiner Meinung nach selbst eine schwere ethische und journalistische Grenzverletzung darstellt. Zu diesem Film, der am 28.03.2012 im Medienmagazin ZAPP gesendet wurde, gibt es auf der NDR-Homepage heute zwei verschiedene Versionen: eine neue, umgeschnittene, gekürzte Variante (2), aus der die Markus Grill betreffende Passage weitgehend entfernt wurde und die alte, ursprünglich gesendete Version (3), in der Markus Grill eine „phantastische Geschichte erzählt und der freie Journalist und Frontal21-Autor Jobst Spengemann nicht nur zu Unrecht schwer rufschädigend dargestellt wird, sondern noch nicht einmal zu Wort kommt oder die Gelegenheit erhielt, seine Position darzustellen. Nachfolgend veröffentliche ich den Volltext der Programmbeschwerde, die Jobst Spengemann zu diesem Film bei NDR-Intendant Lutz Marmor 2012 eingereicht hat.
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Klärungsbedarf: Jobst Spengemann fühlt sich vom NDR getäuscht und hintergangen. Warum? Lesen Sie hierzu den Blogbeitrag vom 15.03.2013 ...
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(Dieser Beitrag wurde nach Publikation nochmals bearbeitet. Letzte Version: 27.03.2013 - 16:54 Uhr MEZ. Lesen Sie zu diesem Thema auch „Kritische Fragen an Maik Gizinski“, ein Beitrag vom 15.03.2013, hier im Blog.)

Prolog: Journalisten & Kritik
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„Mit sich und anderen gnädig sein fällt besonders Journalisten schwer ... Wer kritisiert, gilt als guter Journalist. Eigene Fehler passen da nicht ins Bild – und werden viel zu häufig ignoriert statt korrigiert, sagt Journalismus-Forscher Colin Porlezza. Dabei profitieren vom Mut zur Selbstkritik auch die Journalisten.“
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Link zu einem Interview von Miriam Bunjes mit Journalismus-Forscher Colin Porlezza ...
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Programmbeschwerde des Frontal21-Autors Jobst Spengemann bei NDR-Intendant Lutz Marmor
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[Download der PDF-Version des Briefes ...]

Wichtiger Hinweis:
Der folgende Text stammt vom Journalisten Jobst Spengemann. Er wird hier wiedergegeben, um eine Kontroverse öffentlich zu dokumentieren. Der Brief enthält Tatsachenbehauptungen, die sich überprüfen lassen (z. B. zu Gerichtsurteilen) und subjektive Aussagen (z. B. über mögliche Motive und wahrgenommene Methoden von Markus Grill und mögliche Initiatoren der ZAPP-Sendung vom 28.03.2012). Letztere geben die Meinung und Einschätzung von Jobst Spengemann wieder. Dieses Blog macht sich die Meinungselemente ausdrücklich nicht zu eigen, widerspricht ihnen allerdings auch nicht. Farbliche Formatierungen und Verlinkungen wurden von der Redaktion hinzugefügt, um wichtige Aspekte hervorzuheben und um Informationen zu genannten Personen zur Verfügung zu stellen.


+ + + + + Anfang des Briefes von Jobst Spengemann + + + + +

NDR
z.Hd. Herrn Lutz Marmor
- persönlich -
via Email

30. März 2012

NDR-Sendung ZAPP vom 28.3.2012
Programmbeschwerde zur Vorlage und Behandlung im Fernsehausschuss des NDR-Rundfunkrates



Sehr geehrter Herr Marmor!

In der vergangenen Sendung "ZAPP" (28.3.2012) musste ich feststellen, dass Sie mich in der Rubrik „Verleumdete Journalisten: von Drohung bis Rufmord“ von dem Redakteur, Maik Gizinski, beispielhaft als Verleumder von Journalisten-Kollegen dargestellt und in unverantwortlicher Art und Weise und unter Verletzung journalistischer Grundprinzipien diffamiert haben. Obwohl die zapp-Redaktion mich offensiv angegriffen hat, wurde ich nicht zu den Sachverhalten befragt, obwohl es zu den Standards des NDR gehört, auch die „andere Seite“ zu hören und im Bericht zu berücksichtigen.

Es ging um einen von mir am 18.1.2011 als Co-Autor produzierten TV-Beitrag in der ZDF-Sendung "Frontal21" und einen anschließenden von Markus Grill verfassten Bericht im „Spiegel“. In diesem Zusammenhang ist besonders wichtig, dass ich zwei Prozesse in dieser Sache gewonnen habe und der Spiegel entsprechende Falschaussagen korrigieren musste.

Der NDR hat mich in dem zapp-Beitrag - namentlich genannt und im Bild gezeigt - in die Gesellschaft diffamierend und anonym agierender Aktivisten als einen „Verleumder“ dargestellt. Damit wurden meine Persönlichkeitsrechte verletzt.

Vor der Ausstrahlung des Beitrags wurde ich zu keinem Zeitpunkt von Ihrer Redaktion befragt, zu einer Stellungnahme oder weiteren Hintergrunderläuterungen aufgefordert.

Ihr Redaktionsleiter, Steffen Essbach, erklärte mir gestern am Telefon ausweichend, man habe hier nur den Disput zwischen zwei Journalisten darstellen wollen. Sowohl in der inhaltlichen Substanz als auch vor der Gesamtanmutung des Beitrags trifft dies nicht zu. Allein mich als direkt Betroffenen nicht einmal zu hören, verstößt bereits gegen alle journalistische Sorgfalts-Grundsätze und Mindestanforderungen eines ausgewogenen Berichtes.

In zwei Instanzen habe ich in allen Punkten die von mir angestrengten Verfahren gegen den „Spiegel“ und Grill gewonnen. Die hier anhängenden Urteile übersandte ich dem ZAPP-Redaktionsleiter, Herrn Essbach, am 16. Februar 2012 zusammen mit einem aktuellen Terminhinweis und detaillierten Erläuterungen rund um die Hintergründe des Frontal21- und des „Spiegel“- Berichts. Das Ziel: die rufschädigende Veröffentlichung des Herrn Grill nicht unwidersprochen zu lassen. Sie können sich den Sachverhalt gerne von Frau Ilka Brecht (ex-Panorama-Mitarbeiterin, heute CvD von frontal 21 oder vom Redaktionsleiter Herrn Dr. Richter erläutern lassen).

Inhaltlich ist der ZAPP-Beitrag einseitig und ganz im Sinne des Herrn Grill dargestellt, mit dem ich weiterhin gerichtlich streite, und der sich offensichtlich über Ihre manipulierte, grob fahrlässige Berichtsart prozessuale Vorteile erhofft. Er ist nicht nur im Vorstand des „Netzwerk Recherche“, wo zahlreiche Mitglieder seine bekannten Diffamierungs-Methoden ebenfalls kritisieren, sondern auch der Lebensgefährte der NDR-Redakteurin Karin Dohr. Diese Verbindungen sollten aber eine unabhängige Berichterstattung nicht verhindern.

Aus den genannten Gründen fordere ich von zapp eine Gegendarstellung bzw. Richtigstellung der falschen Aussagen in der nächsten zapp-Ausgabe auf:


Gegendarstellung

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[Anmerkung der Redaktion: Die Inhalte der Gegendarstellung sind so interessant, dass sie in einem zukünftigen Blogbeitrag als Volltext wiedergegeben werden sollen. Wer diese Inhalte schon jetzt lesen will, der findet sie in der PDF-Version des Briefs an Lutz Marmor.]
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Die bewusste Vermengung meiner Person und der skizzierten Vorgänge im zapp-Beitrag mit Pädophilen-Attacken und Stasi-Vorwürfen ist für den NDR unverantwortlich, beleidigend und ehrabschneidend. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass zwei Protagonisten im Beitrag im Vorstand des „Netzwerk Recherche“ (NR) sind, ZAPP einen eigenen Programmstrang auf der NR-Jahrestagung betreibt ...
[Anmerkung der Redaktion: eine spekulative Textpassage zur möglichen Entstehung des ZAPP-Beitrags wurde an dieser Stelle bewusst nicht wiedergegeben]
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Sehr geehrter Herr Marmor, bei dem zapp-Beitrag handelt es sich meines Erachtens um eine besonders perfide Form der Berichterstattung, weil ausgerechnet in einem Beitrag, der für bedenkliche Tendenzen im Journalismus sensibilisieren soll, die Opfer zu Tätern gemacht werden. Dies verstößt gegen die Prinzipien des NDR-Staatsvertrags.

Ich fordere Sie daher auf, dafür Sorge zu tragen, diesen fehlerhaften, einseitig dargestellten Bericht und den dazugehörigen Text unverzüglichen aus dem Netz zu nehmen und nicht weiter zu verbreiten. Zudem bitte ich darum, die übermittelte Gegendarstellung in der nächsten zapp-Sendung am kommenden Donnerstag auszustrahlen und den Vorgang dem NDR Fernsehausschuss zur Behandlung und Würdigung in der nächsten Ausschuss-Sitzung zu übermitteln.

Mit freundlichen Grüssen

Jobst Spengemann

Anlagen

+ + + + + Ende des Briefes von Jobst Spengemann + + + + +


Es gibt weiterhin Erklärungsbedarf:
Die von Jobst Spengemann reklamierte Passage des Films von Maik Gizinski wurde auf der NDR-Webseite zum Film weitgehend entfernt (2). Der alte ursprünglich gesendete Film befindet sich jedoch noch immer in der NDR-Mediathek  (3). Das erklärt auch die folgende Aussage von Herrn Spengemann (1):

„Aufgrund der Tatsache, dass ich nicht mehr in der Sendung genannt wurde, verzichtete ich aus kollegialen, aber auch aus Kostengründen auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den NDR. Für mich war die Sache somit erledigt.

Da nun wieder - ohne mein Wissen - die ursprüngliche Fassung der Sendung im Netz steht, fühlte ich mich getäuscht und hintergangen.“

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Nachtrag vom 13.04.2013: Der Originalfilm von Maik Gizinski wurde inzwischen aus dem Archiv der NDR-Homepage entfernt.
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Ein neuer Beitrag zu diesem Thema:

13.04.2013: @ Steffen Eßbach: Gegendarstellung zur NDR-/ZAPP-Sendung vom 28.03.2012 und eine gute Gelegenheit, einen schweren Fehler von Filmautor Maik Gizinski zu korrigieren
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Quellen:

(1) Kritische Fragen an Maik Gizinski, ZAPP (NDR), Markus Grill, Jobst Spengemann und Karin Dohr betreffend, Claus Fritzsche, Faktencheck „Markus Grill“, 15.03.2013

(2) Verleumdete Journalisten: Von Drohung bis Rufmord, Maik Gizinski, www.ndr.de, 28.03.2012

(3) ZAPP - Das Medienmagazin am 28. März, Mediathek, www.ndr.de



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